Kriminalität
Tabellen und Diagramme
Extremismus
Jugendgewalt (2006)
In der öffentlichen Diskussion über die Zuwanderung nach Deutschland ist
kaum ein Begriff so umstritten wie der der sogenannten "Ausländerkriminalität".
Eine unreflektierte und kontextlose Verwendung von Zahlen zu ausländischen
Tatverdächtigen, Verurteilten oder Inhaftierten ist häufig Anlass zu erheblichen
Missverständnissen und Fehlschlüssen. Es sei daher an dieser Stelle auf die
entsprechenden Ausführungen des Bundesamtes für Politische Bildung hingewiesen
("Ausländerkriminalität",
Statistische Daten und soziale Wirklichkeit).
Zum Verständnis der juristischen Begriffe:
Die Strafverfolgung beginnt mit den "polizeilich registrierten Fällen" (2014 ca.
6 Millionen). In gut der Hälfte
der Fälle gelingt eine "Aufklärung", aber nur in einem Drittel der
Fälle wird ein "Tatverdächtiger" ermittelt (2014 ca. 2,14 Mio.). Durch Abzug der
strafunmündigen Kinder erhält man die Anzahl der "strafmündigen Tatverdächtigen"
(2014 ca. 2,08 Mio.). Wegen nicht hinreichendem Tatverdacht kommt es aber nur in weniger als der
Hälfte der Fälle zu Gerichtsverfahren, die mit einer "Aburteilung" enden (2014 ca. 746.000). Viele
der Abgeurteilten werden aber freigesprochen oder ihr Verfahren wurde eingestellt. Nur die schuldig gesprochenen
Abgeurteilten werden als "Verurteilte" bezeichnet (2014 ca. 592.000). Die weitaus meisten dieser Urteile lauten
aber auf Bewährung, sind Geldstrafen oder andere Sanktionen; nur weniger als 10% der Verurteilten
müssen eine Freiheits- oder Jugendstrafe antreten (2014 ca. 36.000).
((BAMF, Statist. Jahrbuch 2016, S. 312.)
HINWEIS: Bundesweite Zahlen zu diesem Thema liegen immer mit z. T. erheblicher Verzögerung vor,
- die der Tatverdächtigen in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamtes (BKA) etwa
ein Jahr später,
- die der Verurteilten im Statistischen Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes (DFESTATIS) aufgrund der
Angaben der Justizbehörden.
ARCHIV (Text aus dem Jahr 2000:
1999 registrierte die Polizei insgesamt 2.263.140 Tatverdächtige.
Davon hatten 628.477 (26,6%) keine deutsche
Staatsangehörigkeit.
Mindestens 422.871 Nichtdeutsche (20,4%) waren 1999
straftatverdächtig wegen eines Deliktes, das auch von
Deutschen begangen werden kann, also nicht wegen eines
Verstoßes gegen das Ausländer- oder gegen das
Asylverfahrensgesetz. Gegen wie viele Nichtdeutsche nur wegen eines
solchen Verstoßes polizeilich ermittelt wurde, ist laut Polizeilicher
Kriminalstatistik des BKA nicht möglich.
(PKS 1999, S. 106)
Im Vergleich zu dem Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung in Deutschland von
ca. 9% können die oben genannten Prozentzahlen der nichtdeutschen
Straftatverdächtigen leicht zu der Annahme führen,
"die Ausländer" seien "viel krimineller" als "die Deutschen".
Daß eine derart pauschale Aussage unter statistischen
Gesichtspunkten unhaltbar ist, hat mehrere Gründe:
(1) Die Polizeiliche Kriminalstatistik beinhaltet Personengruppen, die
in der Statistik der Wohnbevölkerung nicht erfaßt
werden. Dazu gehören vor allem zahlreiche sich illegal in Deutschland
aufhaltende Personen sowie "Touristen und Durchreisende". Über
28% der nichtdeutschen Tatverdächtigen sind nicht in
Deutschland als wohnhaft gemeldet.
(2) Im Vergleich zur deutschen Wohnbevölkerung ist die
Sozialstruktur der Ausländer völlig verschieden. Dies
betrifft u.a. den Lebensunterhalt
und die Altersstruktur: Unter Ausländern ist der Prozentanteil
von Männern zwischen 15 und 45 Jahren wesentlich
höher als bei den Deutschen, ebenso der Anteil der Arbeiter, Arbeitslosen und
Sozialhilfeempfänger. Statistisch bilden diese Gruppen aber
das bevorzugte Potential für Straftäter.
(3) Von den 601.221 nichtdeutschen Tatverdächtigen kamen 1999
nur 70.235 (11,2%) aus Mitgliedstaaten der EU. Somit waren nur 3,1%
aller Tatverdächtigen überhaupt EU-Inländer.
In deutlichem Gegensatz zu Drittstaatern sind also EU-Inländer
straftatsbestandsmäßig fast unauffällig.
(Vgl. PKS 1999, S. 105 u. 114
mit weiteren Einzelheiten)
Tatverdächtige
"Tatverdächtig ist jeder, der nach dem polizeilichen
Ermittlungsergebnis aufgrund zureichender tatsächlicher
Anhaltspunkte verdächtig ist, eine rechtswidrige (Straf-)tat
begangen zu haben. Dazu zählen auch Mittäter,
Anstifter und Gehilfen."
Nichtdeutsche Tatverdächtige
"sind Personen ausländischer Staatsangehörigkeit,
Staatenlose und Personen, bei denen die Staatsangehörigkeit
ungeklärt ist. Personen, die sowohl die deutsche als auch eine
andere Staatsangehörigkeit besitzen, zählen als
Deutsche."
(PKS 1999, S. 17-18 mit weiteren
Einzelheiten)
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